Schriftsteller in Dublin

Auf den Spuren der irischen Dichter und Denker

Dublin hat mehr Literaturnobelpreisträger hervorgebracht als jede andere Stadt vergleichbarer Größe: W.B. Yeats (1923), George Bernard Shaw (1925), Samuel Beckett (1969) und Seamus Heaney (1995). Die literarische Geschichte der irischen Hauptstadt lässt sich auf Schritt und Tritt erleben – in Museen, Pubs und an historischen Wohnhäusern.

Schriftsteller in Dublin

Die literarischen Museen Dublins

Die Sammlung des ehemaligen Dublin Writers' Museum am Parnell Square befindet sich seit 2020 im MoLI (Museum of Literature Ireland) am St. Stephen's Green. Das Museum ist in den historischen Newman Houses untergebracht, wo James Joyce einst studierte. Zu den Highlights gehören Brendan Behans Schreibmaschine und Gewerkschaftskarte, Samuel Becketts Telefon aus seiner Pariser Wohnung sowie das berühmte „Copy No. 1" des Ulysses - das allererste gedruckte Exemplar von Joyces Meisterwerk.

Das James Joyce Centre in der 35 North Great George's Street residiert in einem restaurierten georgianischen Stadthaus aus dem Jahr 1784. Zu sehen sind die original Tür von No. 7 Eccles Street - Leopold Blooms fiktive Adresse im Ulysses - sowie Möbel aus Paul Léons Pariser Wohnung, in der Joyce Finnegans Wake schrieb. Das Centre organisiert außerdem Walking Tours und das jährliche Bloomsday Festival am 16. Juni.

Der irische Pub als Ort der Inspiration

Brendan Behan (1923-1964) war der trinkende Dichter par excellence - „der berühmte Dubliner Trinker mit einem Schreibproblem", wie Noel Cummins von der Irish Actors Theatre Company es formulierte. In der Spätphase seines Schaffens förderte er den Gedankenfluss mit erheblichen Mengen an Pints und Whiskey. Seine Schreibmaschine brachte er mit in McDaid's Bar. Bekannt ist er für seine Bekenntnisse eines irischen Rebellen und das Lied „The Ould Triangle" aus seinem Stück The Quare Fellow.

Seit 1988 führt der Dublin Literary Pub Crawl Besucher durch die Lieblingskneipen der Dubliner Literaten. Zwei professionelle Schauspieler tragen dabei aus den Werken von Joyce, Behan, Wilde und Beckett vor. Die Tour startet im The Duke Pub in der 9 Duke Street (Treffpunkt im oberen Stockwerk um 19:15 Uhr) und beginnt mit einem Ausschnitt aus Samuel Becketts Warten auf Godot. Beckett selbst wuchs im Nobelvorort Foxrock auf, wo heute Diplomaten residieren.

Die Welt des Jonathan Swift

Jonathan Swift (1667-1745), Autor von Gullivers Reisen, war Dekan der St. Patrick's Cathedral. 1729 veröffentlichte er seinen satirischen A Modest Proposal - einen „bescheidenen und wohlerwogenen Vorschlag", die Kinder armer Leute zu schlachten und den vornehmen Herrschaften als Festtagsbraten zu verkaufen. Die beißende Kritik an der sozialen Ungerechtigkeit seiner Zeit hat sich als literarisches Meisterwerk der Satire etabliert. Swift ist in der St. Patrick's Cathedral begraben.

Der Merrion Square - Zentrum literarischer Geschichte

Am Merrion Square konzentrieren sich die Wohnorte mehrerer bedeutender Autoren:

In No. 1 wuchs Oscar Wilde (1854-1900) auf. Sein Vater William war ein bekannter Augenarzt, seine Mutter Lady Jane eine Dichterin und Gastgeberin legendärer Salons. Seit 1997 steht in der nordwestlichen Ecke des Parks eine farbenfrohe Skulptur des Bildhauers Danny Osborne, gefertigt aus Jade, Granit und anderen Halbedelsteinen aus drei Kontinenten. Die Statue zeigt Wilde auf einem Quarzfelsen liegend, mit Blick auf sein Elternhaus.

Joseph Sheridan Le Fanu (1814-1873), der Meister viktorianischer Schauergeschichten, lebte in No. 70. Nach dem Tod seiner Frau Susan zog er sich von der Welt zurück und schrieb von Mitternacht bis zur Morgendämmerung bei Kerzenlicht seine düsteren Erzählungen. Sein letzter Roman trug den prophetischen Titel Willing to Die.

William Butler Yeats wohnte in No. 82, der Romantiker unter den irischen Schriftstellern und Mitbegründer des Abbey Theatre. Sein Nachbar war der Dichter und Maler George William Russell, bekannt unter dem Pseudonym Æ.

George Bernard Shaw und das Abbey Theatre

Die Familie Shaw lebte in der Synge Street, nicht weit vom Grand Canal. Oscars Vater William operierte George Bernards Vater am Grauen Star - wenngleich mit wenig Erfolg. Shaws scharfe Zunge ist legendär. „Er hat keine Feinde, aber seine Freunde können ihn nicht ausstehen", berichtete Oscar Wilde über ihn.

Shaw verlegte seinen Wohnsitz nach London, blieb Irland aber verbunden. Als einziger Mensch gewann er sowohl den Literaturnobelpreis (1925) als auch einen Oscar (1938 für das Drehbuch zu Pygmalion). Sein John Bull's Other Island, 1904 vom Abbey Theatre zurückgewiesen, feierte in London großen Erfolg.

James Joyce - Dublins Ulysses

James Joyce (1882-1941) hatte mit keltischer Mythologie und Träumen nichts am Hut. Seine Lebensgefährtin und spätere Frau Nora Barnacle bedauerte zeitlebens, dass er nicht bei der Musik geblieben war - Joyce hatte eine angenehme Stimme und spielte Gitarre. 1904 hatte er sich zu einem Musikwettbewerb angemeldet, auf der Bühne, auf der auch der berühmte Sänger John McCormack stand.

Doch Joyce befolgte Noras Rat nicht. Stattdessen revolutionierte er die moderne Literatur mit Dubliners, A Portrait of the Artist as a Young Man, Ulysses und Finnegans Wake. Obwohl er den größten Teil seines Lebens im Exil verbrachte - in Triest, Zürich und Paris - blieb Dublin der Mittelpunkt seines gesamten Schaffens.

Sean O'Casey und Flann O'Brien

Sean O'Casey (1880-1964) wurde in der 85 Upper Dorset Street geboren. In seinen Dramen wie Juno und der Pfau finden sich starke Frauenfiguren, die gegen Armut und politische Wirren kämpfen. O'Casey war zeitweise Sekretär der Citizen Army, die unter James Connolly den Osteraufstand von 1916 unterstützte.

Flann O'Brien alias Myles na gCopaleen (1911-1966) schrieb auf Gälisch und Englisch. In seinen satirischen Rundfunkbeiträgen stellte er fest, dass - addiere man alle Iren, die sich nach eigenen Angaben am Ostermontag 1916 im General Post Office aufgehalten hatten - es mehr als eine Million Menschen fassen müsse und damit das größte Gebäude der Welt sei. Sein Roman At Swim-Two-Birds wurde Jahre nach der Erstveröffentlichung zum Bestseller.

Roddy Doyle und die Gegenwart

Roddy Doyle, geboren 1958 in Dublin, versuchte sich wie James Joyce als Schullehrer, bevor er sich aufs Schreiben konzentrierte. Seinen gefeierten Roman Paddy Clarke Ha Ha Ha haben vermutlich mehr Iren gelesen als den Ulysses. Mit vier Literaturnobelpreisträgern hat Irland bereits überproportional viel zur Weltliteratur beigetragen - Joyce gehört nicht dazu. Und Doyle ist noch jung.

Praktische Informationen

MoLI - Museum of Literature Ireland

  • Adresse: 86 St. Stephen's Green, Dublin 2, D02 XY43
  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10:30-17:30 Uhr (letzter Einlass 16:30 Uhr)
  • Geschlossen: Montags sowie 24.-26. Dezember und Neujahr
  • Besonderheit: Freier Eintritt am ersten Freitag jedes Monats (Abendöffnung)
  • Website: moli.ie
  • Anfahrt: Luas-Haltestelle St. Stephen's Green (2 Min. Fußweg), Dublin Bikes Station direkt vor dem Museum

James Joyce Centre

  • Adresse: 35 North Great George's Street, Dublin 1, D01 WK44
  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 10:30-16:30 Uhr
  • Eintritt: Erwachsene €7, Senioren/Studenten €5, Kinder unter 12 Jahren frei
  • Walking Tours: Donnerstag bis Samstag um 11:00 Uhr (€20/€15)
  • Telefon: +353 1 878 8547
  • Website: jamesjoyce.ie

Dublin Literary Pub Crawl

  • Treffpunkt: The Duke Pub (oberes Stockwerk), 9 Duke Street, Dublin 2
  • Zeiten: April-Oktober täglich um 19:30 Uhr; November-März Donnerstag bis Sonntag
  • Zusätzlich: Sonntags 12:00 Uhr (ganzjährig)
  • Dauer: ca. 2,5 Stunden
  • Website: dublinpubcrawl.com

Oscar Wilde Statue

  • Lage: Nordwestliche Ecke des Merrion Square Park, gegenüber No. 1 Merrion Square
  • Zugang: Frei zugänglich während der Parkzeiten
  • Oscar Wilde House: 1 Merrion Square - Führungen nach Voranmeldung beim American College Dublin

St. Patrick's Cathedral

  • Adresse: St. Patrick's Close, Dublin 8
  • Bedeutung: Grabstätte von Jonathan Swift
  • Website: stpatrickscathedral.ie